Beiträge zu unserer Arbeitsweise

Therapeutisches Milieu

Die Zielsetzung unserer Betreuung ist die Stabilisierung und Gesundung, sowie die Nachreifung und Nachsozialisierung der betreuten Kinder und Jugendlichen. Unsere Betreuung bietet den Adressaten einen Sicherheit gebenden Rahmen, innerhalb dessen eine innere (das eigene Erleben betreffende) und äußere (Kontakt und Kommunikation mit anderen Menschen betreffende) Neuorientierung und eine Auseinandersetzung mit der erlebten Geschichte, Traumatisierungen und erlittenen Kränkungen möglich ist. Diese Hilfe wird in der Formulierung "Therapeutisches Milieu" zusammengefasst.

Der Ansatz des therapeutischen Milieus hebt also die Trennung von Therapie und Pädagogik auf, indem Therapie nicht mehr separiert stattfindet, sondern im Alltag dienen Situationen wie Essen, Aufstehen, Spielen als Lernort, ohne dass sie dadurch verfremdet werden. „Jede Tätigkeit kann demnach zur Entwicklung, Anregung, Entfaltung, Förderung und Heilung beitragen.“ (vgl. Flosdorf 1988, S.105ff).

Wir arbeiten mit einem Arbeitsansatz, der das pädagogische und sozialpädagogische Handeln als therapeutische Intervention versteht. Im Betreuungszeitraum werden Entwicklungen initiiert und nicht nur begleitet. Aufgabe der Betreuung ist auch unsere Adressaten mit schwereren Problematiken zu fordern und sie über die erreichten Erfolge zu stärken. Die Leistungsmöglichkeiten werden dabei genau abgeklärt um eine Überforderung zu verhindern. Die kontinuierliche Präsenz der Betreuer führt zur Entwicklung belastbarer Beziehung, die auch in Krisenzeiten Sicherheit bieten.

Therapeutisches Milieu bedeutet nicht eine Therapeutisierung des Alltags, sondern die Einbeziehungen von Störungsbild, Ressourcen, Beziehungsdynamik usw. in die Wahrnehmung des Betreuers. Dies bestimmt die Haltung des Mentors und die Art der strategischen Umsetzung von Interventionen.

Nach den Axiomen von Fritz Redl versuchen wir traumatisierende Ereignisse zu vermeiden und wirkliche Grundbedürfnisse, gemäß der Entwicklungsphase und dem kulturellen Hintergrund zu erkennen und angemessen zu befriedigen. Es gilt nicht nur das „Hauptproblem“ zu behandeln, sondern einen ganzheitlichen Zugang zu finden und „Ausnahmen“ bereitzustellen. Wir wollen uns dabei nicht zu sehr vom Alltag der Heranwachsenden abheben. Vielmehr sollen die Erlebnisse in den Alltag hineinwirken.

Wir versuchen Strukturen zu schaffen, die einen vertrauensvollen Umgang mit Erwachsenen gewährleisten, ohne dass jedoch ein Äquivalent zum Familienleben vorgetäuscht wird. Für den Heranwachsenden müssen die Rollenverteilung sowie die Kommunikationsstruktur auch unter den Erwachsenen klar erkennbar sein.

Es soll Übereinstimmung bestehen, zwischen den verbal vermittelten Werten und der „impliziten Werthaltung“, die durch nonverbale Gesten, Aktionen, Reaktionen deutlich wird. Wir installieren Rituale und Regeln bei der Bildung von Gruppen und berücksichtigen, dass nicht jeder zu jedem passt. Wir berücksichtigen unsere Wirkung auf den anderen und wählen bewusst Aktionen für den speziellen Kontext des Einzelnen oder der Gruppe. Atmosphäre, Strukturen und Inhalte der Beschäftigungen sollen dabei den Fähigkeiten, Interessen und den Hilfeplanzielen der Adressaten entsprechen.

Unter Berücksichtigung äußerer Einflussfaktoren vermitteln wir zwischen dem Verhalten der anderen und dem Erleben dieses Verhaltens beim Einzelnen.

Wir erklären, spenden Trost, geben Entscheidungshilfen usw. Wir versuchen sensibel zu sein, um zu erkennen wenn sich Bedürfnisse während der verschiedenen Phasen verändern. Durch diese angemessenen Reaktionen stellen wir einen Rahmen bereit, in dem es möglich wird, Abwehrhaltungen aufzugeben und die notwendigen emotionalen Bindungen zu entwickeln. Im Versuch, Ich-Störungen beheben zu können, müssen die Ich-Funktionen im therapeutischen Milieu unterstützt und neu aufgebaut werden. Dies kann z.B. in Form von Aktivitätsangeboten im Alltag geschehen, die es Kindern ermöglichen, alte und schädliche Verhaltensmuster abzubauen, neue Erfahrungen zu sammeln, Ich-Fähigkeiten zu stärken und ein neues Selbstbild aufzubauen.